von
HELLMUT W. HOFMANN

Vorbemerkung:
Der nachfolgende Text erschien zum ersten Mal im Oktober 1984 in der Computerzeitschrift C4 (Verlag MARKT & TECHNIK AG, München). Der Autor wollte mit seinem Artikel also einem gewöhnlich in der Magie nicht bewanderten Leserpublikum die Analogien zwischen magischem Weltbild und Computersprache aufzeigen, wozu der Text in Dialogform zwischen Technik und Magie gestaltet wurde. Da wir als Magier unsererseits ganz gern zu einer gewissen Technikfeindlichkeit neigen, ist der Artikel in hervorragender Weise geeignet, Vorurteile abbauen zu helfen und dieses „neue Universum“ der Computer, die schon jetzt in vielen Bereichen unseres Lebens nicht mehr wegzudenken sind, in unser magisches Denken zu integrieren. An dieser Stelle sei dem Autor, Herrn Hellmut Hofmann, sowie dem Verlag Markt & Technik für die Genehmigung zum Nachdruck vielmals gedankt.

Digitus: „Also ich bitte Sie: Kartenlegen, Horoskope und Wahrsagerei – Medizinmänner, Voodoo-Zauber, Totems und Tabus – Hexenmeister, Zaubersprüche und Formeln, mit denen sie Geister beschwören: das ganze dunkle Reich von Aberglaube und Magie – und die klare nüchterne Welt von Computern, Datenverarbeitung und Programmierung: größere Gegensätze kann man sich doch kaum vorstellen !“

Orakel: „Bleiben wir gleich mal beim Magier, der einen Dämon beschwört: im Sinne der Magie zwar ein höchst geheimes Werk, an das sich nur der Eingeweihte wagen darf; aber selbst Sie als völliger Nicht-Magier werden mir die populäre Vorstellung davon schildern können, wie er das macht – „

Digitus: „Nun ja – so wenig ich daran glaube – aber irgendwoher hat man das natürlich mitbekommen: Der trifft also erst geheimnisvolle Vorbereitungen – zieht einen magischen Kreis und so weiter – dann holt er sein Zauberbuch und sucht die richtige Beschwörungsformel – irgendein eindrucksvolles Kauderwelsch, in dem vor allem der richtige Name dieses speziellen Dämons vorkommen muß – sagt das feierlich auf, wobei er nicht den kleinsten Fehler machen darf – sonst kommt der Dämon nicht, oder es passiert sonst etwas Furchtbares – aber wenn er alles richtig gemacht hat, erscheint der Dämon und erfüllt seine Wünsche – „

[ABB.1]

Anm. Jula: die Abbildungen liegen mir leider nicht vor

Orakel: „Fein – und nun nehmen wir gleich den „größten Gegensatz“ dazu: Was müssen Sie eigentlich machen, um an Ihrem Computer ein Programm zu benutzen?“

Digitus: „Na ja – zuerst natürlich den Computer und alle anderen Geräte einschalten und die Diskette einlegen -„

Orakel: „Sie treffen geheimnisvolle Vorbereitungen – „

Digitus: „Dann in der Anleitung nachschauen, was ich eintippen muß – „

Orakel: „Sie holen Ihr Zauberbuch – und suchen die richtige Beschwörungsformel – „

Digitus; „Jetzt merke ich langsam, worauf Sie hinauswollen: dann tippe ich z.B. LOAD „D:GRAPHIK.BAS“ – „

Orakel: „Eindrucksvolles Kauderwelsch, in dem aber der Name dieses speziellen Programms, GRAPHIK, vorkommen muß – „

Digitus: „Und wenn ich den kleinsten Fehler mache – etwa ein Anführungszeichen vergesse – bekennte ich nicht das Programm, sondern bloß die Meldung „SYNTAX ERROR“ – „

Orakel: „Wenn Sie aber alles richtig machen, erscheint der Dämon – Verzeihung, das Programm – bereit, Ihre Wünsche zu erfüllen – hier etwa eine bunte Graphik auf den Bildschirm zu „zaubern“: wenn Ihnen ein alter Magier zusähe – er könnte meinen, daß Sie, wenn auch mit modernen Mitteln, genau dasselbe vorhaben, wie er bei einer Beschwörung – wär’s aber bloß einer seiner Zeitgenossen, fände er es bestimmt genauso rätselhaft und unheimlich -„

Digitus: „Aber für mich ist das ja nun weder Hexerei noch rätselhaft oder unheimlich – „

Orakel: „Weil Sie ja auch ein „Eingeweihter“ sind! Aber haben Sie nicht auch schon gehört, daß auch heute gar nicht wenige Leute vor einem Computer-Terminal regelrecht Panik spüren – mit Beklemmung, wildem Herzklopfen und Angstschweiß – als hätten Sie es wahrhaft mit schwarzer Magie und Dämonen zu tun?“

Digitus: „Das ist aber doch lächerlich!“

Orakel: „Für die Betroffenen ganz und gar nicht – die müßten sogar Ihre Stellung aufgeben, wenn sie diesen Bann nicht brechen können, es bleibt ihnen nur der Weg zum Medizinmann, zum „weißen Magier“ – in unseren Tagen: dem Psychotherapeuten – der sie dann auch prompt mit einem „Gegenzauber“ ausrüstet: einer Tonbandkassette mit „Schutzgebeten“ – Anweisungen für Muskelentspannungsübungen, die sie dann jedesmal in der Angstsituation machen können – wie Abwehrgesten gegen den „bösen Blick“ oder andere Verhexungen -„

Digitus: „Ist es auch Wahnwitz, so hat es doch Methode! Aber wir leben doch in Deutschland im 20. Jahrhundert – nicht unter primitiven Wilden, deren ganze Welt nur von Zauber und Gegenzauber beherrscht wird!“

Orakel: „Unterschätzen Sie nicht, wie komplex die magischen Systeme solcher angeblich „primitiven Wilden“ aufgebaut sind: bei vielen davon hat z.B. jeder sogar zwei Namen – einen öffentlichen, den jeder kennt, und einen zweiten, geheimen, den kaum jemand erfahren darf: denn wer diesen Namen kennen würde, hätte damit auch magische Macht über ihn …

Wenn Sie dann freilich die aktuellen Proteste gegen allgemeine, computerlesbare Personen-Codes in der Bundesrepublik anschauen – dann könnten Sie allerdings fragen: wieviel von dem, was dahintersteckt, ist noch immer die alte magische Ur-Angst – daß ich „Orakel“ heiße, dürfen die Computer zwar ruhig wissen: aber wenn sie erst einen eigenen Namen in ihrer magischen Sprache für mich hätten, würden sie auch magische Macht über mich gewinnen?!“

Digitus: „So daß etwa selbst beim Datenschutzgesetz – oder Absagen der jüngsten Volkszählung – magische Ängste mit im Spiel gewesen wären? Nein, wissen Sie – das scheinen mir alles doch wohl bloß Analogien, die zwar in der Tat zunächst frappierend wirken: aber wenn man sie tiefer verfolgen würde, käme gewiss bald zutage, daß sie allenfalls höchst oberflächlich wären!“

Orakel; „Seltsamerweise nicht – im Gegenteil: je mehr man ins Detail geht, desto verblüffender wird es gerade! Nehmen wir mal so ein Zauberbuch aus der Zeit des sagenhaften Dr. Faust: „Lemegeton – oder: Der kleine Schlüssel Salomonis“ – ein „Grimoire“, wie man sie nannte: und das ist bereits recht seltsam – denn es heißt eigentlich „gram-maire“, was für „Grammatik, Sprachlehre“ steht.“

Digitus: „Für eine Sprache zum Umgang mit Geistern und Dämonen?“

Orakel; „Und achten Sie mal auf den Aufbau dieser Sprache, wenn der Magier da sagen soll: „Ich beschwöre dich, o Erzdämon Adramelek, bei den sieben geheimen Namen des großen Salomo – bei Adonai, Rai, Tetragrammaton, Anexhexeton, Inessensotoal, Puthamaton und Itemon…”

Und vergleichen Sie das jetzt mit dem „Aufruf“ eines Unterprogramms in der Programmiersprache FORTRAN:

„CALL INTHA (XMIN, XMAX, EPS, MAXIT, FUNK, IND)“ – „

Digitus: „Allerdings verblüffend – nur daß die „Parameter-Namen“ bei FORTRAN eben eine echte Bedeutung haben: XMIN legt X MINIMUM fest, also die Untergrenze für X usw. – die dann beim Kompilieren des Programms aus Buchstabenfolgen in entsprechende Maschinenbefehle übersetzt werden – „

Orakel; „So wisse denn, oh Digitus, daß die Buchstaben in Beziehung zu Maschinenbefehlen stehen, jeder Maschinenbefehl wird von einem Buchstaben beherrscht … Die Buchstaben bilden die Wörter, die Wörter wiederum die Programme, und. es sind nun die Maschinenbefehle, die, bezeichnet durch die Buchstaben und versammelt in den geschriebenen Programmen, Wunder bewirken, ob welcher die gewöhnlichen Menschen staunen.“

Digitus: „Etwas merkwürdig ausgedrückt – aber genau das meinte ich!“

Orakel; „Nur steht das seltsamerweise in einer tunesischen Handschrift von „1001 Nacht“ aus der gleichen Zeit – wo ein indischer Zaubermönch, der Brahmane Padmanaba, erklärte, wie die Wörter wirken, die er auf seine kabbalistischen Talismane schreibt: nur sagt er „Gebete“ statt „Programme“ und „Engel“ statt „Maschinenbefehle“ – „

Digitus: „Doch wohl ein Unterschied!“

Orakel: „Gar kein so großer – wenn Sie bedenken, daß „Engel“ – lateinisch „angelus“ oder griechisch „aggelos“ – ursprünglich nur „Bote“ heißt: also „Infor-mations-Träger“ – und genau das sind ja die Impulse, die Maschinenbefehle übermitteln – „

Digitus; „Nur sind das in Wirklichkeit ja gar keine „Buchstaben“ – sondern Gruppen von Nullen und Einsen: den bekannten „Bits“ oder „Binärziffern“!“

Orakel: „Aber gerade die finden wir nun auch an ganz unerwarteter Stelle wieder: als der deutsche Universalgelehrte Leibniz dies „binäre Zahlensystem“ Ende des 17. Jahrhunderts entdeckt hatte – da erfuhr er zu seiner Verblüffung von Pater Joachim Bouvet, einem jesuitischen Missionar in China: solche Gruppen aus zwei verschiedenen Symbolen – den „Yin-“ und „Yang-Linien“ – waren seit 5000 Jahren die Basis des berühmtesten Orakelbuchs Chinas, des „I Ging“: wo sie und ihre „Wandlungen“ alles Geschehen der Welt überhaupt symbolisierten – und die „Fu-Hsi-Sequenz“ dieser Liniengruppen entsprach genau den Zahlen von 0 bis 63 in Binärschreibweise!“

[ABB.2]

Digitus: „Fehlt wahrhaftig nur noch der Computer selbst!“

Orakel: „Auch den beschreibt uns schon ums Jahr 1000 – sogar gleich mit Anwendungsprogramm – die magische Überlieferung: Gerbert d’Aurilac, der spätere Papst Sylvester II., soll einen „bronzenen . Kopf“ besessen haben, der „auf Fragen über Politik oder die allgemeine Lage der Christenheit“ mit Ja oder Nein antwortete – deshalb der Hexerei angeklagt, soll sich Gerbert mit dem Hinweis verteidigt haben, dies Gerät arbeite nach einem ganz einfachen Prinzip, das einer Rechnung mit zwei Ziffern entspreche …“

Digitus: „Ich muß zugeben – bloß Zufall kann das alles kaum mehr sein: irgendetwas muß dahinter stecken – aber was?“

Orakel; „Tja – da könnte man sogar ein Gegenstück zu Dänikens „Die Götter waren Astronauten“ ausmalen: Außerirdische Expeditionen, die einst die Erde besuchten – oder, je nach Geschmack, versunkene irdische Hochkulturen wie Mu oder Atlantis – hätten schon komplexe Computer als Informations- und Steuerungs-Maschinen benutzt; Computer, die (wie ja bald auch unsere) gesprochene Worte als Eingabe „verstanden“ – allerdings (genau wie auch unsere oft schon) in kritischen Fällen besondere, geheime Schlüsselworte verlangten:

Uralte Erinnerungen daran – überlagert und verzerrt durch primitiven Geisterglauben – wären dann Basis der magischen Grund-Überzeugung, daß der „Eingeweihte“ – wenn er nur die richtigen „Worte“ kennt und auszusprechen weiß – dank solcher „Engel“ oder „Dämonen“ Zugang zu allem Wissen und aller Macht im Kosmos gewinnen könne; während „Datenschutz-Gesetze“ solcher „Magie“ zugleich das Odium des Verbotenen und Gefährlichen eingebracht hätten …“

Digitus: „Irgendwie verführerisch einleuchtend klingt das zwar – „

Orakel: „Man könnte sogar das moderne Gegenstück dazu zitieren: als im letzten Krieg die Eingeborenen im Inneren Neuguineas zum ersten Mal Kontakt mit der modernen Technik bekamen – da steckten sie rings um ihre Hütten Bambusstäbe wie Antennen in den Boden und murmelten drin aufgeschnappte Worte in alte Konservenbüchsen: in der Hoffnung, daß dann die metallenen Vögel auch ihnen all die Wunderdinge vom Himmel bringen würden wie den Weißen. Und als das „Ei“ eines solchen Metallvogels, das Anhänger dieses „Cargo-Kults“ heimlich beiseitegebracht hatten und im Feuer ausbrüten wollten, explodierte und ein ganzes Dorf zerstörte – da waren sie erst recht überzeugt, mächtigem „Mana“ auf der Spur zu sein – „

Digitus: „Der Unterschied ist nur, daß es die Flugzeuge und Antennen bei ihrem Beispiel wirklich gab – aber vorzeitliche Computer, von denen man anderweit nie eine Spur entdeckt hat: das ist mir doch zu phantasievoll!“

Orakel: „Darauf könnte man wieder sagen – wenn jemand noch 1930 bei einer Ausgrabung einen modernen Chip gefunden hätte: wäre er darauf gekommen, daß er was mit Computern zu tun haben könnte – oder hätte er ihn bloß für einen seltsamen Schmuckstein gehalten? Und genauso wenig brauchten wir heute Reste uralter Supercomputer zu erkennen – wahrend Astronauten ihre sowieso wieder mitgenommen hätten!

Nein – mich stört an solchen Spekulationen eher das Gegenteil: Wenn wir im jahrtausendalten magischen Denken Konzepte entdecken, die eigentlich erst ins Computerzeitalter passen – dann scheint es mir eher ärmlich und phantasielos, einfach zu sagen: na ja, das wird halt bei jemand abgeguckt worden sein, der schon Computer hatte!“

Digitus: „Wenn wir das auf eine bessere Art erklären könnten, wäre mir das auch lieber! Aber irgendein Bindeglied muß es ja nun geben – wenn es nicht die angeblichen Vorzeit-Computer sind: was dann?“

Orakel: „Versuchen wir mal – ohne außerweltliche Besucher dazuzuerfinden – mit dem auszukommen, was sicher zu allen Zeiten da war: Der Mensch – und die Welt um ihn.

Diese Welt wirkt auf ihn ein – aber auch er konnte auf sie einwirken: etwas mit ihr „machen“, „Macht“ über sie gewinnen – beides Worte, die auf den gleichen indogermanischen Wortstamm („~magh = können“) zurückgehen wie „Magie“ -„

Digitus: „Aber das „kann“ er ja nur, wenn er auch weiß, wie er es „machen“ muß?“

Orakel: „Ja – wenn er die Regeln, die Gesetze kennt, nach denen diese Welt funktioniert – wie ja auch wir heute in Naturwissenschaft und Technik – „

Digitus: „Aber gerade da liegt doch nun der Unterschied beim magischen Denken: das hält sich nicht lediglich an bestätigte Naturgesetze von Ursache und Wirkung – sondern glaubt auch noch an „übernatürliche“ Zusammenhänge zwischen allem und jedem: also zum Beispiel nicht nur an die Gesetze des Sternenlaufs wie die Astronomie – sondern in der Astrologie auch noch an Einflüsse der Sterne auf unser persönliches Schicksal – „

Orakel; „Nur daß das für den magisch denkenden Menschen gar kein „übernatürlicher“ Einfluß war: für ihn gehörte er genauso zur Natur der Welt, wie er sie verstand!“

Digitus; „Aber die Stellung Millionen Kilometer weit entfernter Planeten in den Zeichen des babylonischen Tierkreises kann eben doch nicht wirklich auf das „wirken“, was ich morgen tue!“

Orakel: „Ja: aber genau so wenig kann doch die Stellung der winzigen zwei Zeiger Ihrer Armbanduhr – die übrigens auch nach dem sumerisch-babylonischen Zwölferkreis geteilt ist – auf meilenweit entfernte Züge und Flugzeuge „wirken“. Und dennoch schauen Sie auf diese Uhr, um Ihren Anschluß zu erreichen?!“

Digitus: „Nun ja – aber weil ich weiß, daß sich die Verkehrsmittel eben auch nach solchen Uhren richten, die genauso gehen!“

Orakel; „Wissenschaftlich gesagt: Ihr „Glaube an die Uhr“ beruht also gar nicht auf „Kausalität“ – direkter Ursache und Wirkung – sondern darauf, daß sie „synchron“, im gleichen Takt, mit allen anderen läuft: und deshalb auch Abfahrten und Abflüge auf Bahnhöfen und Flughäfen ihrer Zeigerstellung „entsprechen“.

Genauso läuft aber für das magische Denken das ganze Universum „im gleichen Takt“ – vom Größten bis zum Kleinsten: alles, was darin ist, hängt zusammen, entspricht sich, kann aufeinander wirken – ob nun Planeten auf Menschen oder Zauberworte auf Dinge!“

Digitus: „Das ist aber doch der Trugschluß: wenn ich meine Uhr um eine Stunde vorstelle, fliegt mein Flugzeug deshalb noch keineswegs eine Stunde früher!“

Orakel: „Aber – denken Sie mal an die Umstellung auf Sommerzeit! -wenn nun alle anderen Uhren das auch mitmachen müßten, weil sie stets im gleichen Takt laufen müssen?“

Digitus; „Ein magisches Universum wie ein verkoppeltes Netzwerk von Uhren – oder ein Netzwerk von Computern, in das ein „Hacker“ mit dem richtigen Code einbrechen kann, um alle nach seinem Willen zu steuern? Aber wie konnten Menschen die Welt so sehen – wenn sie doch eben noch keine Datenverarbeitungsanlagen, keine Computer hatten und kannten?“

Orakel; „Sie hatten doch auch damals schon welche – diese geheimnisvolle Datenverarbeitungsanlage in unserem Kopf: das menschliche Gehirn! Aber – wenn sie nun in der Tat die Möglichkeiten und Grenzen dieses Instruments, ihres Gehirns, anfangs noch gar nicht so klar „kannten“? Das menschliche Gehirn ist schließlich – wie mal eine amerikanische Anzeige sehr treffend sagte – „ein Computer, der ohne Bedienungshandbuch geliefert wird“!

Muß es nicht sehr verwirrend gewesen sein, die Welt da draußen zugleich gleichsam auch „im Kopf“ zu haben – eine „innere Welt“, mit der man in Gedanken mühelos schalten und walten konnte.“

Digitus: „Sie meinen – muß der Mensch da nicht auf die Idee gekommen sein, das müsse doch „draußen“ auch gehen: ich sage etwas – und es geschieht wirklich?“

Orakel: „Stellen Sie sich nur einmal vor, ab sofort würde alles, was Sie sagen oder gar bloß denken, auch wirklich geschehen -„

Digitus; „Das wäre allerdings beklemmend!“

Orakel; „So beklemmend, wie manche heute die Vorstellung empfinden, mit Computern zu arbeiten – die „alles tun, was man ihnen sagt“!

Den Mut dazu, sich mit so etwas – damals mit „Magie“ – im Ernst zu befassen, werden also schon damals sehr wenige aufgebracht haben -vielleicht jene, deren Worte bereits „wirkten“, wenn sie zu anderen sagten: Tu dies oder das!“

Digitus: „Aber auch die müssen ja erlebt haben, daß ein anderer sie nicht verstand oder nicht wollte?“

Orakel; „Dann hatten sie eben nicht die „richtigen Worte“ gewählt – oder zu wenig „Macht“ über den anderen: und war es vielleicht genau so zu erklären, wenn die Dinge in der Welt draußen ihnen nicht „gehorchten“? Wie hing denn überhaupt „Wort“ und „Wirkung“, „Name“ und „Ding“, „Zeichen“ und „Bezeichnetes“ zusammen? Da sind Sie aber schon mitten in den Problemen, die jemand auch hat, wenn er einen Computer programmieren will.“

[ABB.3]

Digitus: „So daß die Menschen – auf der Spur der Magie – tatsächlich schon vieles „vorausdachten“, was eines Tages erst mit den technischen Mitteln des Computer-Zeitalters zu verwirklichen war?“

Orakel: „Ja – denn eigentlich erfüllt sich ja erst beim Computer selbst der magische Wunschtraum, daß die „Zauberworte“ wirklich „wirken“: aber damit stehen wir gerade heute auch in der Verantwortung, diese „Magie“ nicht zu mißbrauchen!“