Anm. Jula: Diesen theoretischen Zugang hat Hekate im Rahmen einer Forumsdiskussion entwickelt. Auslöser war die häufiger auftretende Behauptung, männlich und weiblich seien die zwei Enden einer Skala. Das sieht Hekate anders:

1. Posting

Es überrascht mich etwas, daß all die hier versammelten Natur- und Geisteswissenschaftlerinnen bisher immer nur von einer Skala von „M“ bis „W“ zu sprechen scheinen, auf der eine Person ihrer Eigenart nach einzuordnen sei. Aber könnten „M“ und „F“ nicht ebensogut zwei durchaus separate „Dimensionen“ sein, auf deren Skalen jede Person eigene Werte hat?
Das ist keineswegs nur eine persönliche oder abstruse Idee von mir – schon vor 50 Jahren schrieb z.B. der Psychologie-Professor PETER R. HOFSTÄTTER in dem eher populären Band „Psychologie“ des FISCHER LEXIKONS:

„Die häufig anzutreffende Vorstellung, nach der die beiden Typen ‚(M und W) die Endpunkte eines Kontinuums … markieren, in dessen Mitte die geschlechtslosen Neutralformen … liegen, ist daher zugunsten einer zweidimensionalen Darstellung … zurückzuweisen. Irreführend und, wie Erfahrungen in der Psychotherapie zeigen, verhängnisvoll wirkt sich die von innerlich unsicheren Personen manchmal zur Lebensmaxime erhobene Gleichung aus: ‚männlich‘ = ‚unweiblich‘, ‚weiblich‘ = ‚unmännlich‘ …“.

Damit wäre – um nur eine der vielen interessanten Konsequenzen zu nennen – Tanjasterns ursprüngliche Frage ebenso überraschend wie befriedigend beantwortet:

Man könnte sehr hoch auf der W-Skala stehen (z.B. am liebsten ganz als Frau leben wollen), ohne daß das im Widerspruch zu dem gleichzeitigen persönlichen Wert auf der M-Skala stünde!

Entschuldigung – es ist einfach zu tief in der Nacht, um noch weitere Folgerungen aus diesem Konzept auszuführen:

es meldet sich dazu bei Tageslicht wieder

die nächt- und doppelgeschlechtliche HEKATE erspruch in sich

2. Posting

Wenn meine Anregung, wie Veronika meint, unser gemeinsames Anliegen fördert, so freut mich das sehr. Gerade deshalb fühl ich aber verpflichtet, noch genauer zu präzisieren, was sie eigentlich bedeutet:

Es gibt nämlich nicht nur eine „M/W-Skala“, die von der Aufspaltung in getrennte „M“- bzw. „W“-Skalen profitieren kann – sondern viele einzelne für die unterschiedlichsten geistigen und materiellen Aspekte des „Transgender-Problems“ vom Selbstbild bis zum Hormonspiegel.

Nehmen wir nur mal einen so „simplen“ Aspekt wie „Aussehen“
Für die sog. „Normalos“ ist (oder war zumindest mal) sonnenklar – lauter saubere Gegensatzpaare: „M“ hat kurze Haare – „W“ hat lange; „M“ knöpft Kleidung links über rechts – „W“ rechts über links; „M“ trägt Hosen – „W“ trägt Röcke … o weh, stimmt schon nicht mehr: „W“ trägt heutzutage schon öfter Hosen als Röcke – „M“ hat oft genug lange Haare und „W“ kurze – na ja. „moderne“ (= „entartete“) Zeiten?
Aber „früher“ war’s eher noch schlimmer: ob geschminkter und perückentragender altägyptischer Adliger – römischer Senator in wallender Toga – „Sonnenkönig“ Louis XIV.mit Allongeperücke und hohen Hacken oder Rokoko-Kavalier mit Zopf – wenn sie heut durch die Straßen gingen, würde ihnen die Stimme des gesunden Volksempfindens (vertreten durch Gassenjugend oder Besoffene) oft genug lauthals „Transe!“ – oder noch präziser „Arschficker!“ – nachrufen: und selbst der Papst entginge dem nur haarscharf dank der Medienpopularisierung seiner Amtstracht.

Offenbar müßte man jedem Outfit sowohl einen Indexwert auf einer „M“-Skala wie einen zweiten auf einer „F“-Skala geben – und diese Indexwewerte wären keine Naturkonstanten, sondern variabel je nach Peiode, Kulturkreis und sozialem Umfeld: genau wie das gerade herrschende jeweilige „gesunde Volksempfinden“!

Das gilt aber nicht nur für das „Aussehen“, sondern sinngemäß genauso für jeden anderen Aspekt der „Männlichkeit“ oder „Weiblichkeit“ – wie etwa „Verhalten“, „Körper“, „Sexualität“ usf. :

und das könnte höchst optimistisch stimmen: wie hier schon mehrfach erwähnt, wandeln sich solche „Indizes“ inzwischen nicht mehr erst in Jahrhunderten – sondern, bei der heutigen Kommunikations-Intensität, bereits in Jahrzehnten – wenn nicht bald gar in Jahren!

Allerdings nur „darauf zu warten“, daß da auch im Trandgender-Bereich „alles besser werden“ könnte, wird nicht genügen. Wenn man da gezielt etwas erreichen will, muß man schon fragen, wie solche „Wandlungen“ eigentlich funktionieren – und dieses Wissen dann auch praktisch umsetzen.

Mit beidem sieht es derzeit aber noch traurig aus – bei einer „Randgruppe“, die sich noch immer (begeistert) in Fraktionen zerfasert, deren jede überzeugt ist, daß die andere das ganze „Image“ der einzig wahren verdirbt – und deren Mitglieder noch immer viel zu oft von Selbstzweifeln geplagt und entmutigt werden.

Gerade deshalb finde ich diesen Thread mit seinem ehrlichen Bemühen, einander gegenseitig – wie auch sich selbst und die Reaktionen der sog. „Normalen“ – besser zu verstehen, so wertvoll!

Die kommunikationstheoretisch optimistische HEKATE